Freitag, 13. April 2012

Hört auf, von der Netzgemeinde zu reden

Immer wieder lese ich von dieser "Netzgemeinde". Als es noch vorwiegend um technische Belange ging und netzunerfahreneren Politikern erklärt wurde, wie bestimmte Dinge im Internet oder auf Social-Media-Plattformen ablaufen, fand ich das noch in Ordnung. Da ich selbst seit 1996 online bin und seit 1997 im Internet veröffentliche, fühle ich mich auch hier zuhause - bin im unpolitischen Sinne also ein Bestandteil dieser "Netzgemeinde".

Netzgemeinde? Vernetzte Menschen sind nicht unbedingt einer Meinung
Netzgemeinde? Vernetzte Menschen sind nicht
unbedingtin allem einer Meinung!
Zu Anfang gab mir das Wort "Netzgemeinde" noch so eine Art heimeliges Gefühl – schließlich waren wir die Eroberer (zweiter Generation) einer neuen Welt gewesen, der virtuellen Welt. Wir waren cool, wir waren Vorreiter. Aus Begeisterung für Computer und Internet habe ich sogar meinen Beruf gewechselt.

Doch in letzter Zeit wird der Begriff ständig in politischen Zusammenhängen gebraucht – meiner Meinung nach missbraucht – auf der einen Seite von selbst ernannten, politisch motivierten Netzgemeinden-Fürsprechern, deren Ansichten ich überwiegend nicht teile. Ich habe euch nicht gewählt, also redet nicht für mich! Aber auch von denen, die sich eben gegen diese artikulieren und sie als "Netzgemeinde" adressieren, wenn sie ihre Gegenargumente vorbringen. Hört auf damit - es gibt keine Netzgemeinde, jedenfalls nicht als einheitliche politische Fraktion!

Ich will weder, dass jemand, den ich nicht gewählt habe, für mich spricht, noch will ich mit ihnen von der anderen Seite in einen Topf geworfen werden - seid nicht so dumm, nicht zu differenzieren, wenn Ihr euch eure Feinde nicht selbst züchten wollt!

Ich bin sicher, so wie mir, geht es auch vielen anderen. Nur weil wir das Internet und seine neuen Möglichkeiten (auch hinsichtlich Bürgerbeteiligung) schätzen, wollen viele/die meisten (?) von uns nicht, dass sich unsere Gesellschaft/Demokratie als solche grundsätzlich verändert. Aber wir sind eben nicht die, die laut schreien, sondern einfach die, die das Internet tagtäglich nutzen.

Ich bin Bestandteil der Netzgemeinde im unpolitischen Sinne. Auch ich liebe das Internet als Informationsquelle, Kommunikationsmöglichkeit und Ort der Freiheit: Freiheit, mich auszudrücken, selbst zu publizieren, kreativ zu sein. Ich will weder das Urheberrecht verkürzen (Urheberrecht aus Sicht eines Urhebers (Autor), Lobbyismus in Social Media) und ich will keine Digitale Demokratie (Digitale Demokratie ist Bullshit). Obwohl ich pro-kapitalistisch eingestellt (im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft) und Hobbybörsianerin bin, will ich nicht, dass unsere Gesetze sich nach den Geschäftsmodellen amerikanischer Großkonzerne richten.

Hört endlich auf, von der Netzgemeinde zu reden - zumindest in politischen Diskussionen! 

Und wer wissen will, was die Netznutzer denken, der soll ordentliche Wahlen oder zumindest seriöse Umfragen durchführen, bei denen neben der Repräsentativität sichergestellt ist, dass jeder Nutzer nur für sich (und nicht beauftragt im Sinne von Unternehmens- oder politischer Kommunikation) und auch nur einmal abstimmen kann.


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