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Donnerstag, 11. Juli 2013

Plausible Deniability - glaubhafte Abstreitbarkeit

Zum ersten Mal habe ich von dem Begriff "Plausible Deniability" im Presseclub "Vorsicht Freund hört mit" am 7. Juli 2013 gehört, bei dem es um die intensiven Abhöraktivitäten von Geheimdiensten wie der National Security Agency (NSA) und der Government Communications Headquarters (GCHQ) sowie weitere Offenlegungen, die wir dem Whistleblower Edward Snowden zu verdanken haben, ging.

"Plausible Deniability" sei ein Konzept, das die plausible Leugbarkeit ermöglicht. Nein, ich kannte Prism nicht, kann man beispielsweise sagen, wenn einem der Projektname Prism wohlweislich nicht mitgeteilt wurde. Das bedeutet jedoch nicht, dass man nichts von einer flächendeckenden Ausspionierung von Daten wusste oder von dem, was der ausländische Geheimdienst sonst so tat. Es wurde vielleicht in Gesprächen ein anderer Name, z. B. ein Codename, verwendet, oder man fragte bewusst nicht nach, um sich später in eine Wolke der Unwissenheit hüllen zu können.

Als ich recherchierte, stellte ich fest, dass "Plausible Deniability" tatsächlich gar nichts Neues ist, bei Wikipedia gibt es längliche Ausführungen zur "Glaubhaften Abstreitbarket". "Plausible Deniability" ist ein Konzept der "Spurenvermeidung" in der Politik, die in den USA in den 1950er Jahren entwickelt wurde: Führungsstrukturen und Befehlsketten werden so gestaltet, dass sie bei Bedarf gut abgestritten werden können, so dass beispielsweise ein Politiker nicht zur Verantwortung gezogen werden kann.

Wenn ich nun lese, dass die Kanzlerin bei Fragen der Wochenzeitung DIE ZEIT zum Thema Prism gesagt habe, sie habe vom US-Spionageprogramm "durch die aktuelle Berichterstattung Kenntnis genommen" und auf die Verantwortung des Kanzleramtsministers für Geheimdienste hinweist, erinnerte das doch unwillkürlich an das Konzept "Plausible Deniability" und irgendwie auch an Bill Clinton's "I did not have sexual relations with that woman". Hat sie möglicherweise nur den Namen Prism nicht gekannt?

Wenn ich desweiteren lese, dass Bundesinnenminister Friedrich sich dahingehend äußert, dass das deutsche Rechtssystem nicht betroffen sei, wenn Datenströme über ausländische Server laufen und die Daten deutscher Bürger und Unternehmen außerhalb von deutschem Boden ausspioniert werden, dann sieht er offensichtlich nicht den Gesprächsbedarf mit ausländischen Regierungen zu eben diesem international zu behandelnden Thema, nicht den Diskussionsbedarf mit eigenen Bürgern und nicht die Notwendigkeit, Bürger-/Menschenrechte, Wirtschaft (Stichwort Industriespionage) und Demokratie zu schützen. Die öffentlich geäußerte Empörung der amtierenden Regierungspolitiker anlässlich der Offenlegungen von Edward Snowden beziehen sich meines Wissens nur auf die verwanzten Botschaften und EU-Gebäude, nicht auf die Ausspionierung der ganz normalen Menschen.

Das ist nicht gut. Die zunehmende Digitalisierung schafft immer neue Möglichkeiten, uns zu überwachen. Es darf aber nicht sein, dass das angebliche "Neuland" zum rechtsfreien Raum für die Politik wird, die die Verantwortung abschiebt, weil Verbindungen und Server außerhalb von deutschem Boden liegen und fremde Geheimdienste die Drecksarbeit erledigen, während man selbst seine Hände in Unschuld wäscht. Unsere Regierung muss offenlegen, was sie wann wusste und billigend in Kauf nahm. Wir müssen sicher sein, dass nicht mit Hilfe von Digitalisierung, länderübergreifenden Netzen und "Plausible Deniability" mal eben Bürger- und Menschenrechte und die Demokratie ausgehebelt werden können.
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Quellen und weiterführende Informationen