Pia Ziefles Roman "Suna" ist gerade pünktlich zur Leipziger Buchmesse bei Ullstein erschienen und hat in diesen wenigen Tagen bereits sehr viel positives Echo erhalten. Ich konnte Frau Ziefle nach ihrer Rückkehr aus Leipzig interviewen.
Eva Schumann: Frau Ziefle, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem wunderschönen Erstlingsroman "Suna" (->
Rezension). Schriftsteller haben ja ganz unterschiedliche Vorgehensweisen beim Schreiben. Wie gingen Sie vor (bei der Erstfassung): Sprudelte die Geschichte aus Ihnen heraus und wollte erzählt werden oder entwickelten Sie zuerst ein Konzept und schrieben dann?
Pia Ziefle: Die Geschichte kam mehr oder weniger von selbst zu mir - das Schwierige war aber, die verschiedenen Zeitebenen im Griff zu behalten. Und die geschichtlichen Daten. Und die vielen Figuren. Dafür habe ich ein riesiges White-Board im Büro und eine Menge verschiedenfarbiger Stifte. Außerdem arbeite ich gerne mit DIN A4 Blättern, die ich im Raum auslegen kann. Jedes Blatt hat nur ein Thema, beispielsweise eine Figur oder einen der Handlungsstränge. Ich habe früher non-lineare Drehbücher geschrieben, aus dieser Zeit habe ich die Zettelmethode übernommen.
Eva Schumann: Viele Menschen träumen davon, einen Roman oder überhaupt ein Buch zu schreiben, doch nur wenige schaffen es - weil es mühseliger ist, als sie erwartet haben. Wie schafften Sie es, durchzuhalten? Haben Sie ein paar Tricks parat - feste Schreibzeiten, Durchhalten mit Schokolade und Kaffee o. ä.?
Pia Ziefle: Viele sagen "ich würde auch einen Roman schreiben, wenn ich die Zeit dazu hätte". Da ist mehr dran, als man so denkt. Es dauert immer viel viel länger, als man denkt. Obwohl ich sehr viel Schreib- und Konzeptionserfahrung hatte, konnte ich in der zuerst geplanten Zeit keinen zufriedenstellenden Stand erreichen. Das Manuskript war zwar irgendwie gut, aber man hat doch deutlich sehen können, dass da mehr drinstecken könnte - als würde man hinter dem zuerst angepeilten Gipfel einen weiteren entdecken, der in keiner Karte verzeichnet ist und den man vom Tal aus nicht sieht. Dann steht man vor der Entscheidung, ob das genügt, was man erreicht hat, oder ob man noch genügend Kräfte hat, weiterzugehen. Feste Schreibzeiten wären sicher toll gewesen, aber mit der Familie ist das nicht drin. Ich habe vorwiegend abends und nachts geschrieben, mit Hilfe von Kaffee und Chips. Und Schokolade.
Eva Schumann: Davon, gleich für den ersten Roman einen Verlag wie Ullstein zu finden, träumen viele. Wie haben Sie das geschafft?
Pia Ziefle: Das war tatsächlich ziemlich überraschend. Das Manuskript war in seiner ersten Fassung nämlich überall durchgefallen. Daraufhin habe ich mich hingesetzt und alles nochmal ganz neu geschrieben, inklusive einer neuen Erzählperspektive. Das Wichtigste aber: Ich habe eine wunderbare Agentin, Christine Koschmieder von partner+propaganda. Sie hat von der allerersten Minute an mich geglaubt und begleitet mich seit über zwei Jahren. Auf mich allein gestellt hätte ich sicher nicht genügend Mut gehabt, die großen Verlage anzusprechen.
Eva Schumann: Ihr Roman "Suna" ist teilweise autobiografisch – auch Sie wurden als kleines Kind adoptiert und haben sich später auf die Suche nach Ihren leiblichen Eltern gemacht. Sich dieser Angst, was da bei der Suche wohl ans Licht kommen wird, zu stellen, ist eine Sache. Aber ich könnte mir vorstellen, dass auch die Veröffentlichung – Offenlegung der eigenen Geschichte - Angst macht. Was oder wer hat sie motiviert, es dennoch zu tun?
Pia Ziefle: Ich glaube, die eigene Geschichte ist viel weniger individuell, als man denkt. So ging es jedenfalls mir, als ich anfing zu recherchieren. Ich bin zum Beispiel auf die Bücher von Sabine Bode gestoßen, die sich ganz ausführlich mit der "vergessenen Generation" der Kriegskinder in Deutschland befasst, und in den Lebensgeschichten adoptierter Menschen finden sich immer wieder dieselben Fragen nach der Identität. Und wenn man noch einen Schritt weiter weggeht, stellt man fest, dass jeder sich irgendwann fragt, wer er ist und was ihn und sein Handeln bestimmt. Es sind also universelle Fragen und ich habe versucht, die Antworten in den Roman zu schreiben, die ich gefunden habe.
Eva Schumann: Die Zusammenarbeit mit einem Verlag ist eine Möglichkeit, zu veröffentlichen. Daneben gibt es die Veröffentlichung im Selbstverlag (z. B. zusammen mit Print-On-Demand-Anbietern oder als E-Book). Warum haben Sie den Weg mit Ullstein gewählt?
Pia Ziefle: Ich möchte nicht alleine arbeiten. Ich brauche den Austausch mit einem Team und den Verlag betrachte ich als Partner auf Augenhöhe. Außerdem will ich mich nicht um alles kümmern, ich will Aufgaben abgeben. Dafür teile ich gerne die Erträge mit einem Verlag. Auf der anderen Seite schaue ich natürlich sehr aufmerksam hin, ob und was der Verlag denn so macht, um das Buch tatsächlich zum Kunden zu bringen.
Eva Schumann: Planen Sie weitere Romane?
Pia Ziefle: Ich habe mal gesagt, man hat als Schriftsteller immer irgendwo 80 Seiten rumliegen, das stimmt tatsächlich. Aber jetzt, wo ich weiß, wie viele Kräfte nötig sind, wie intensiv die Arbeit mit Stoff und Text ist (ganz anders als bei meinen Blogtexten beispielsweise), wie hoch meine eigenen Ansprüche an das Ergebnis geworden sind - da warte ich lieber noch eine Weile, bevor ich mich wieder an den Schreibtisch setze.
Eva Schumann: Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg mit "Suna" und hoffe, Sie vergessen die Schmerzen dieser ersten Geburt bald und schreiben einen weiteren Roman. Bis es soweit ist, werden wir Fans mit Spannung Ihre Geschichten in Ihrem Blog
Denkding verfolgen.
Das Buch:
Suna*
Pia Ziefle
Ullstein
ISBN 978-3-550-08892-6
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