In Großbritannien ging das EU-Referendum ("Brexit-Abstimmung") mit einer knappen Mehrheit (51,9 %) zugunsten derer aus, die das Verlassen der EU gefordert hatten. Hinterher war der Jammer groß: Die Jungen beschuldigten die Alten, ihnen die Zukunft zu verbauen. Andererseits waren sie diejenigen mit der geringsten Wahlbeteiligung. Es gab insgesamt 46.500.001 Wahlberechtigte, davon haben 33.577.342 abgestimmt (72,2 %) und 12.922.659 nicht. Der Stimmenunterschied zwischen denen, die die EU verlassen wollten und denen die bleiben wollten, betrug 1.269.501 Stimmen, also ungefähr 10 % der Nichtwähler. Abgesehen davon, dass vor der Wahl von den Brexit-Befürwortern unrichtige Argumente vorgebracht und die Menschen getäuscht wurden: Hätte man 10 Prozent der Nichtwähler für einen Verbleib in der EU überzeugen können, wäre die Wahl anders ausgegangen.
Wie geht es weiter? Verlassen die Jungen das Land und die anderen schlittern ins Elend? Bye bye, Britain! (YouTube, ARD Reportage)
In den USA gewann 2016 Donald Trump das Rennen um das Präsidentenamt, obwohl die meisten Vorhersagen kurz vor der Wahl Hillary Clinton in Führung sahen. Wie kam es dazu? Es gab etwa 231,5 Millionen Wahlberechtigte, aber nur knapp 139 Millionen Stimmen wurden abgegeben - das sind nur etwa 60 %. Etwa 90 Millionen haben also nicht gewählt. Von den abgegebenen Wählerstimmen entfielen (nur) 62.979.636 auf Donald Trump (etwa 46 % der Wählerstimmen), 65.845.063 auf Hillary Clinton (48,03 Prozent). Donald Trump gewann trotzdem wegen des Wahlmänner-Wahlsystems. Hillary Clinton fehlten nur wenige Stimmen in einigen, wenigen Bundesstaaten, dann hätte sie nicht nur die Mehrheit der Wähler, sondern auch die der Wahlmänner gehabt und damit die Wahl gewonnen, nämlich in:
- Michigan ca. 10.700 Stimmen (16 Wahlmännerstimmen)
- Wisconsin ca. 22.000 Stimmen (10 Wahlmännerstimmen)
- Pennsylvania ca. 44.000 Stimmen (20 Wahlmännerstimmen)
Am Tag nach Trump's Vereidigung protestierten Millionen von Menschen in den USA und weltweit (YouTube, ServusTV). Das ist gut, denn es macht Hoffnung, dass die negativen Auswirkungen auf die Welt hoffentlich nur vorübergehend sein werden. Ich frage mich aber: Was hätte man vorher besser machen können, um diese Siege der Populisten zu verhindern?
Nichts ist ausgeschlossen und davon sollte man ausgehen.
Beide Wahlergebnisse wären verhinderbar gewesen, wenn alle die Wahlen wichtiger genommen hätten und mit aller Kraft für die offene, freie Gesellschaft gekämpft hätten.
Was kann man tun, damit sich der Durchmarsch der Populisten nicht bei den nächsten Wahlen in Europa, beispielsweise bei der Bundestagswahl in Deutschland, fortsetzt.
- Jeder von uns muss ab sofort jede Wahl wichtig nehmen und sich bewusst sein, was auf dem Spiel steht: Freiheit, Demokratie, Mitmenschlichkeit, Anstand ... Es geht nicht darum, dass man alles gut findet, wie es ist - eine Gesellschaft ist ja nie fertig und immer auch ein Kompromiss. Aber Ärger über bestimmte Details, sollte zu Engagement in einer Partei führen, die sich für Mitbestimmung und Demokratie einsetzt und nicht für eine, die fördert, dass Andersdenkende eingeschüchtert und niedergeknüppelt werden und deren einzige Leitlinie die eigene Befindlichkeit ist.
- Protestwahl ist keine Option - niemals!
Gerade, wenn man alle Wahlmöglichkeiten übel findet, sollte man versuchen, herauszufinden, wer die Wahrheit spricht, wer tatsächlich gerechte und machbare Lösungen für die gesamte Gesellschaft sucht und wer unsere Demokratie, Meinungsfreiheit und freie Gesellschaft erhalten oder verbessern will. - Skeptisch sollte man denen gegenüber sein, die bewusst Falschnachrichten verbreiten, Stimmungsmache betreiben und Feindbilder aufbauen, aber keinerlei sinnvolle Lösungen suchen.
- Große Aufmärsche hinterher ändern den Wahlausgang nicht mehr, wir müssen vorher die Energie aufbringen und andere Menschen anspornen, ebenfalls kritisch zu hinterfragen, was sie in den (sozialen) Medien von anderen vorgesetzt bekommen. Nicht erst vor Wahlen, sondern auch im Alltag sollten wir helfen, Lügner zu entlarven und verzerrte Wahrnehmungen richtig zu stellen!
- Weitere Möglichkeiten der Einflussnahme und Gestaltung hat, wer sich einer der demokratischen Parteien anschließt.
- Nicht wählen ist keine Option!
Unbedingt wählen gehen, auch wenn man meint, die eigene Wunschpartei/Ansicht gewinnt sowieso beziehungsweise der No-go-Kandidat schafft es auf gar keinen Fall. Brexit und US-Wahl haben gezeigt, dass nichts unmöglich ist und hinterher müssen alle mit den Folgen leben. - Andere anspornen, ebenfalls unbedingt zu wählen.
- Stimmabgabe sicherstellen:
Wer sonntags regelmäßig Migräne hat oder öfter unvorhergesehen verreisen muss, sollte sicherheitshalber die Briefwahl nutzen!
Was würdet ihr/würden Sie meiner Liste hinzufügen?
Weitere Informationen
- EU-Referendum (Wikipedia)
- Niedrige Wahlbeteiligung junger Briten (Die Welt)
- 2016 November General Election Turnout Rates (uselectproject.org)
- United States Presidential Election Results (uselectionatlas.org)
- Recount latest (CBSNews)